Ihr Lieben, Lena und ich haben es getan. Genauso wie Myriaden anderer Leute, die darĂĽber auch Instagram und Twitter posten. Es ist das Hot Yoga der Post-Corona-Cuisine. Genau, Sauerteig. Selbst Leute, die im Supermarkt zu Marmite (Das ist ein sehr ekelhafter Brotaufstrich aus Hefeextrakt, britisches Erbe natĂĽrlich) greifen, um damit Brot backen zu wollen (true story, selbst im Real Canadian Superstore vor dem leeren Mehl/Backzutaten Regal erlebt), versuchen sich jetzt beim Brotbacken oder am Sauerteig – da sind stinkenden Katastrophen aufgrund mangelnde Hygiene vorprogrammiert. Eigentlich ist alles ganz einfach – Wasser wird im Verhältnis 1:1 (weight/weight) mit Vollkorn-Weizen- oder Roggenmehl gemischt und bei 24 bis 28 Grad Celsius inkubiert. 12 Stunden später wird umgerĂĽhrt und 24 Stunden später die nächste Ladung Wasser: Mehl dazugeruehrt. Das Ganze macht man fĂĽnf Tage lang, am sechsten Tag wird die Hälfte des Ansatzes mit weiterem Mehl und Hefe (am Anfang braucht der neue Sauerteig noch einen Extra Boost optimierter Hefen) vermischt, darf nochmal gehen und gebacken.Â
Die Foodblogs verbreiten oft die Ansicht, dass Biomehl besser wäre, was ich fuer ausgemachten Unsinn halte. Erstens wird vor der Ernte kein Fungizid mehr gesprĂĽht, und zweitens tötet eine Fungizid-Anwendung ja nicht die gesamte Mikroflora auf den Körnern, Fungizide sind spezifisch. AuĂźerdem sind die in der Regel auch keine Bakterizide, daher dĂĽrfte Lactobacillus relativ unbeeindruckt sein. Auch auf Hefen, die fĂĽr den Sauerteig wichtig sind, sind Fungizide nicht optimiert. Kurz gesagt, auch auf konventionellem Getreide dĂĽrfte es noch in ausreichendem Masse kreuchen und fleuchen.Â
Sauerteig-Ansätze bekommen auch alle einen Namen – unsere wurde von Morten Vegas genannt – kein schlechter Name – die Chancen, dass es funktioniert, sind eher mau; wenn es funktioniert, ist es der totale Knaller; es stinkt etwas (Lena/Edda) /ganz furchtbar (Marcus), und es könnte auch eine Eintagsfliege werden. Hygiene ist wichtig, sonst vermehrt man statt freundlicher Hefen und Lactobazillen eher unfreundliche Bakterien und Hefen, die vielleicht auch noch Toxine produzieren können. Faustregel daher, wenn es grünlich schimmert und faulig stinkt, wegwerfen. Hier macht sich das Mikrobiologie-Praktikum und die Proteinproduktion mittels Hefen in der Doktorarbeit positiv bemerkbar – oder wie die Kanadierin sagt – it comes in handy. Semi-steriles Arbeiten in der Küche – mir fehlt nur ein geeigneter Inkubator, um die Kultur konstant auf 25 Grad zu halten, und meine Digitalwaage könnte auch genauer sein. Tatsächlich hat es in den ersten drei, vier Tagen ordentlich im Ansatz gearbeitet und geblubbert, allerdings wurde es nach dem Backen des ersten Brotes schlechter. Was würde ich für ein ordentliches Mikroskop und Selektiv-Medium-Platten geben, um herauszufinden, welche Spezies sich in der graubraunen Pampe ausbreiten. Ausserdem ist Calgary, was Roggenmehl angeht, leer gekauft.
Das erste Brot, ein Roggen-Weizen-Mischbrot war geschmacklich nicht schlecht, etwas zu feste Krume und ein bisschen säuerlich, aber schön herzhaft.Â
Vegas müsste jetzt in die Dauerphase uebergehen – der Terminus technicus lautet Anstellgut – aber leider passiert beim Auffrischen derzeit gar nichts -Darn ! Bleibt Vegas ein One-Hit-Wonder? Fortsetzung folgt.
Edda, du bist echt vor nix fies….. mein erster und definitiv letzter Sauerteigansatz stank erbärmlich, war ungenieĂźbar und landete in der Tonne. >>25 Jahre her…
Da lobe ich mir doch den guten Bäcker von nebenan, der nicht nur Mehl (alle Varianten) und Hefe in unbegrenzter Menge in Corona-Zeiten vertickt, sondern auch leckeres, fertiges, duftendes, frisches Brot. Es lebe good old Germany und seine Bäcker!
Ich seh ĂĽbrigens keine Bilder. Mein Fehler??
LG Petra
Danke Petra !!! Die Bilder sollten jetzt da sein – meine Blogging Routine ist noch rumpelig. Und ich stimme sofort in das Loblied auf deutsche Bäcker ein – so einen hätte ich hier auch gerne 🙂
Who approves my comment?
Jetzt fehlt zu eurer KĂĽchenausrĂĽstung nur noch der berĂĽhmt-berĂĽchtigte Hermann und natĂĽrlich ein Kefirpilz (Name ??) !
Mein Vater, der auf Tasmanien lebte, hat sich viel mit der Herstellung von Sauerteig beschäftigt. Triebfeder war der Wunsch, endlich “ordentliches” Brot zu essen, etwas, was vor 15 Jahren kaum zu beschaffen war. Alle Experimente, Sauerteig selbst anzusetzen, gingen schief. Er fĂĽhrte das darauf zurĂĽck, dass das Roggenmehl vom australischen Festland, das er auf Tasmanien kaufte, vor der Einfuhr behandelt (bestrahlt?) worden war. Mithilfe von gefriergetrocknetem Sauerteig aus Deutschland konnte er aber endlich in die Brotproduktion einsteigen. Sein Brot hat himmlisch geschmeckt. Ich habe noch zwei seiner Brotrezepte, die gebe ich gerne weiter.
Ja – bitte ! DAs wuerde mich sehr interessieren.